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04. Dez 2022 Martin Rossol News, Teilhabe & Inklusion

Inklusionsbarometer: Zahlen sind alarmierend

Die Folgen der Pandemiepolitik sind für Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt noch immer spürbar: Zwar sinken die Arbeitslosenzahlen wieder, gleichzeitig verschärft sich jedoch die Langzeitarbeitslosigkeit. Zu diesem Ergebnis kommt das Inklusionsbarometer Arbeit der Aktion Mensch.


Etwa 173.000 Unternehmen in Deutschland sind gesetzlich dazu aufgefordert, mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze an Menschen mit Behinderung zu vergeben. Während lediglich rund 40 Prozent dieser Unternehmen alle Pflichtarbeitsplätze besetzen, beschäftigen fast 26 Prozent keinerlei Arbeitnehmer mit Behinderung – sie entziehen sich ihrer Verpflichtung und zahlen stattdessen die volle Höhe der Ausgleichsabgabe.

Die derzeitige Einstellungspolitik ist umso kritischer vor dem Hintergrund der positiven Erfahrungen von Unternehmen zu bewerten, die Menschen mit Behinderung beschäftigen: 80 Prozent geben laut einer repräsentativen Befragung im Rahmen der Studie an, keine Leistungsunterschiede zwischen Kollegen mit und ohne Behinderung wahrzunehmen. „Die Entwicklung der Inklusion auf dem Arbeitsmarkt hängt entscheidend von der Beschäftigungsbereitschaft der Unternehmen ab. Doch trotz zunehmender Personalengpässe ignorieren viele das Potenzial von Arbeitnehmern mit Behinderung“, so Bert Rürup, Präsident des Handelsblatt Research Institutes.

Stabile Arbeitsverhältnisse versus Langzeitarbeitslosigkeit

Einmal auf dem Arbeitsmarkt angekommen, bewertet das Gros der Angestellten mit Behinderung den Einsatz ihrer Fähigkeiten als adäquat: 89 Prozent bestätigen, dass sie ihren beruflichen Qualifikationen entsprechend eingesetzt werden. Gleichzeitig erweisen sich bestehende Arbeitsverhältnisse als stabil – im Jahr 2021 gab es mit 19.746 so wenig Anträge auf Kündigung von Menschen mit Behinderung wie noch nie seit Erscheinen des ersten Inklusionsbarometers.

Sind Menschen mit Behinderung dagegen arbeitslos, zeigt sich ein anderes Bild: Im vergangenen Jahr gelang lediglich drei Prozent die Rückkehr in den Arbeitsmarkt, während es bei Menschen ohne Behinderung sieben Prozent waren. Arbeitslose ohne Behinderung haben folglich eine mehr als doppelt so hohe Chance, eine Anstellung zu finden als Arbeitslose mit Behinderung. Dies verstärkt weiterhin die Gefahr der Langzeitarbeitslosigkeit: Mehr als 80.000 potenzielle Arbeitnehmer – und damit rund 47 Prozent aller arbeitslosen Menschen mit Behinderung – sind mindestens ein Jahr ohne Beschäftigung.

„Der in ganz Deutschland erneut gestiegene Anteil an langzeitarbeitslosen Menschen mit Behinderung ist alarmierend – dieser Missstand verfestigt sich mehr und mehr. Ohne eine drastische Verstärkung der Inklusionsbemühungen wird die Ungleichheit auf dem Arbeitsmarkt in den kommenden Jahren kaum aufzuheben sein“, mahnt Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch.



"Der erneut gestiegene Anteil an langzeitarbeitslosen Menschen mit Behinderung ist alarmierend", mahnt Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch. Die Folgen der Pandemiepolitik sind noch spürbar. Die Arbeitsplätze in Inklusionsunternehmen waren während der Corona-Krise besonders gefährdet. (Foto: Thilo Schmülgen)