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20. Dez 2022 Martin Rossol News, Medizin & Wissenschaft

Ist Neurofeedback das neue Ritalin?

Mit einer Neurofeedback-Therapie können bei Kindern mit ADHS längerfristige Effekte erzielt werden. Das belegen die Untersuchungen eines internationales Studienteams, dem auch Forscher der Kinder- und Jugendabteilung für Psychische Gesundheit des Universitätsklinikums Erlangen angehörten.


Beim Neurofeedback handelt es sich um ein computergestütztes Verfahren, bei dem den Kindern ihre Hirnaktivität (EEG) in Echtzeit rückgemeldet werden kann. Sie trainieren, ihre Hirnaktivität gezielt zu regulieren und damit auch ihr Verhalten besser zu steuern. „Neurofeedback kann in Form eines Computerspiels ablaufen. Ein Torwart hält zum Beispiel einen Elfmeter nur dann, wenn sich im EEG ein Muster zeigt, das einer bestimmten Form von Konzentration entspricht“, erklärt Professor Hartmut Heinrich, einer der Erlanger Mitautoren.

In die Meta-Analyse wurden Daten von mehr als 500 Kindern mit ADHS aus zehn randomisierten kontrollierten Studien einbezogen. In diesen wurden überwiegend sogenannte Standard-Neurofeedback-Protokolle eingesetzt. Um eine ausgewogene und kritische Interpretation der Daten zu gewährleisten, arbeiteten in der internationalen Forschergruppe – mit Mitgliedern aus Deutschland, den Niederlanden und den Vereinigten Staaten – Wissenschaftler unterschiedlicher Positionen zum Neurofeedback zusammen.

Die Ergebnisse zeigen: Kinder mit ADHS profitieren auch sechs Monate nach den Behandlungseinheiten vom Neurofeedback. Ihre Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität hatten sich tendenziell sogar noch weiter verringert. „In den bisherigen Studien hat Neurofeedback bei den Nachuntersuchungen nicht schlechter abgeschnitten als gängige Therapien einschließlich der Medikation“, fügt der niederländische Kollege Martijn Arns hinzu. Er hatte die Meta-Analyse initiiert. Für andere Kontrollbedingungen, die in den Studien eingesetzt wurden, wie etwa kognitives Training, wurde nur direkt nach Ende der Behandlung ein signifikanter Effekt gefunden – nicht aber in der Nachuntersuchung.

Die Ergebnisse der Meta-Analyse weisen darauf hin, dass Neurofeedback eine weitere wichtige und längerfristig wirksame Behandlungsoption für Kinder mit ADHS werden könnte. Das Neurofeedback schnitt in der Nachuntersuchung nicht schlechter ab als andere Therapien – zum Beispiel die gängige Medikation.



Neurofeedback ist eine bewährte Methode für digitales Mentaltraining, mit deren Hilfe unbewusst ablaufende neurophysiologische Prozesse durch Rückmeldung (Feedback) wahrnehmbar gemacht werden. Neurofeedback wurde in den 1960er Jahren an der Universität Los Angeles (USA) im Rahmen eines Forschungsprojekts der Weltraumbehörde NASA entdeckt und seitdem ständig weiter entwickelt. (Foto: Geralt)